Kopftuchverbot in Schulen

Kopftuchverbot in Schulen

Anhörung Sächsischer Landtag am 31. März 2023

Erster Teil

Islamische Religionsausübung in Deutschland

Muslime dürfen in Deutschland Moscheen und Minarette bauen, sogar den Muezzin zum Gebet rufen lassen und vieles mehr. All das verherrlicht die Herrschaft Allahs, nicht nur die jenseitige in der Zweiten Welt, sondern auch die diesseitige in der Ersten Welt; denn der Islam ist nicht nur Glaube, sondern für den Gläubigen auch Recht. Er ist eine anerkannte Weltreligion, aber eine politische Religion. Das höchste Gesetz ist die in dem Koran und der koranischen Tradition, der Sunna,  gründende Scharia, die, von Allah für die ganze Menschheit herabgesandt, von Muslimen nicht mißachtet werden darf. Jede Politik muß mit diesem Gesetz ihres Gottes übereinstimmen.

Darüber wachen alle Muslime, jeder einzeln und alle zusammen, die Umma, die weltweite Gemeinschaft der Muslime, vor allem die theologischen Rechtsgelehrten. Moscheen, Minarette und Muezzin rufen nach der Islamisierung aller Lebensverhältnisse, sind darum bemüht, Deutschland als ein Haus des Vertrages in ein Haus des Islam umzuwandeln. Die Kleidung vieler Musliminnen, Kopftuch und Burka, sind Ausdruck der Unterwerfung unter Allah und damit unter den Mann, den Allah patriarchalisch über die Frau gestellt hat[1].

Religionsfreiheit kein Grundrecht der Politik

Die Islamisierung Deutschlands wird wegen einer Religionsfreiheit nicht nur von Bund und Ländern hingenommen, sondern von weiten Teilen der Gesellschaft, vor allem von Kirchen, Medien und Parteien, mit Eifer gefördert; denn Deutschland will als Hort der Menschenrechte der Welt ein Vorbild sein. „Der Islam gehört zu Deutschland“, propagieren nicht nur Bundespräsidenten und Bundeskanzlerin. Eine derart weitgehende Religionsfreiheit gibt es aber weder als Menschenrecht noch als Grundrecht. Das Grundgesetz kennt kein Grundrecht der Religionsfreiheit, sondern in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG drei allgemeine Religionsgrundrechte neben der Freiheit des Gewissens, die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung.

Diese Grundrechte faßt allerdings das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung zu einem Grundrecht der Religionsfreiheit zusammen (BVerfG, st. Rspr., zuletzt E104, 337 (346 f.); 108, 282 (297); auch BVerwGE 94, 82 (83, 88 f., 91); 112, 207 (230)). Es hat sich damit einen eigenen Grundrechtstext geschaffen. Das Gericht stellt diesem Grundrecht, das es als vorbehaltlos, aber wegen der Einheit der Verfassung nicht als schrankenlos ansieht, lediglich andere verfassungsrangige Prinzipien oder Grundrechte Dritter entgegen, mit denen ein schonender Ausgleich gesucht wird (Skizze BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, 2. Oktober 2003, Rdn. 15, DVBl. 2004, 263). Dieser Religionsfreiheit mißt das Gericht Verfassungsrang in der Nähe der unantastbaren Menschenwürde bei. Materiell soll das Grundrecht das Recht schützen, so zu leben und zu handeln, wie die Religion es gebietet, d. h. sein gesamtes Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und den inneren Glaubensüberzeugungen gemäß zu handeln (BVerfG, st. Rspr, zuletzt E 93, 1 (15); 108, 282 (297)).  Dadurch wandelt das Gericht die Grundrechte, welche die religiöse Welt schützen, in ein Grundrecht der politischen Welt. Die vermeintliche Religionsfreiheit ist zur stärksten politischen Bastion des Islam in Deutschland geworden.

Das Gegenteil dieser Praxis und der ihr weitgehend kritiklos folgenden Lehre ist die Rechtslage[2]. Die Religionsgrundrechte geben keine politischen Rechte. Sie schützen die Zweite Welt vor der Ersten Welt, schützen das religiöse Leben vor der Politik, vor dem Staat. Die Bürger müssen in der Republik bürgerlich sein und die Republik darf das Religiöse nicht in die Politik eindringen lassen. Welche der vielen Religionen, die unterschiedliche Lebensordnungen predigen, sollte für die Politik verbindlich sein? Die religionsrechtliche Gleichbehandlungspflicht des Staates (zuletzt BVerfGE 93, 1 (17); 108, 282 (299 f.))  läßt nur eine prinzipiell laizistische Republik zu. Keine religiöse oder weltanschauliche Minderheit muß sich von einer religiösen Mehrheit beherrschen lassen. Die beiden Welten, die des Jenseits und die des Diesseits, die Gottes und die des Kaisers, heute der Republik, sind im freiheitlichen Gemeinwesen unabhängig voneinander. Das gebietet die Säkularität der aufklärerischen Republik und ist das Grundgesetz des Religionspluralismus. Die Säkularität ist in der Republik, deren Politik die Bürger bestimmen, notwendig die innere Trennung des Religiösen vom Politischen. Die Säkularität gehört zur politischen Sittlichkeit der Bürger. Eine Religion, welche der Politik die Maximen vorgibt, ist somit nicht republikfähig. Nur äußerlich und innerlich säkularisierte Gläubige schützt das Grundgesetz in der Religionsausübung. Das Christentum lebt diese Säkularität, seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil bemüht sich darum der Katholizismus.

Diese rechtliche Argumentation ist unausweichlich. Die Freiheit des Glaubens und die des Bekenntnisses sind nach Art. 4 Abs. 1 GG „unverletzlich“, also überhaupt nicht einschränkbar, auch nicht für islamische Muslime. Das hat Rückwirkungen auf die Materie dieser Grundrechte. Sowohl der Glaube als auch das Bekenntnis sind Vorstellungen und Einstellungen des Menschen, die ihm niemand streitig machen kann. Es ist menschheitswidrig, den Menschen einen Glauben oder ein Bekenntnis vorzuschreiben. Bekenntnis ist aber nicht das verbale und tätige Bekennen des Glaubens, sondern das Credo, das Glaubensbekenntnis, die confessio. Die Gewissensfreiheit, wie die Freiheit des Bekenntnisses seit dem Augsburger Religionsfrieden bis zur Weimarer Reichsverfassung genannt wurde, charakterisiert geradezu die europäische Kultur der Neuzeit. Der Staat darf den Untertanen nicht das Bekenntnis vorschreiben. Das Recht des Fürsten, die Religion seiner Untertanen zu bestimmen, „Cuius regio eius religio“, von 1555, ein großer Schritt zum Religionspluralismus, gilt nicht mehr, sondern mit dem großen Friedrich: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“. Die Bekenntnisfreiheit ist eines der wichtigsten Menschenrechte, aber es gibt keinerlei politische Rechte.

Vorrang des Politischen vor dem Religiösen

Ein religiöses Handlungsrecht im privaten und öffentlichen Bereich räumt Art. 4 Abs. 2 GG ein, die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung. Dieses Grundrecht, das Kultus, Diakonie oder Caritas, Religionsunterricht und anderes schützt, steht ausweislich Art. 136 Abs. 1 WRV, der durch Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporiert ist, unter dem Vorrang des Bürgerlichen und Staatlichen: „Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt“. Diese zentrale Regelung der Religionsverfassung der Weimarer Reichsverfassung folgt der Zwei-Welten- oder Zwei-Reiche-Lehre und sagt, welche Ordnung den Bürger bindet, nämlich die Staatsordnung, also die Gesetze des Staates, also der Gesetze. Dieser Vorrang ist für den republikanischen Religionspluralismus zwingend[3].

Das Bundesverfassungsgericht hat im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht, das die Religionsgrundrechte durch einen „Gemeinschaftsvorbehalt“ eingeschränkt hatte (BVerwGE 1, 48 (52); 1, 92 (94); 2, 85 (87); 2, 295 (300)), eine Relativierung der Grundrechte durch dem Gemeinwohl verpflichtete einfache Gesetze zurückgewiesen (BVerfGE 28, 243 (259 ff.); 30, 173 (193); 32, 98 (108)) und schon damit sein Unverständnis für die Grundlagen einer Republik[4] gezeigt. Es sieht Art. 136 WRV/Art. 140 GG durch den vorbehaltlosen Art. 4 GG wegen der „erheblich verstärkten Tragweite der Grundrechte der Glaubens- und Gewissensfreiheit“ im Grundgesetz überlagert (BVerfGE 33, 23 (30 f.); i. d. S. auch BVerfGE 44, 37 (49 f.); 52, 223 (246 f.); dagegen ausdrücklich BVerwGE 112, 227 (231 ff.)) und drängt damit diese wesentliche Vorschrift aus der Religionsverfassung des Grundgesetzes. „Welche staatsbürgerlichen Pflichten im Sinne des Art. 136 Abs. 1 WRV gegenüber dem Freiheitsrecht des Art. 4 Abs. 1 GG mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden dürfen, lasse sich unter der Herrschaft des Grundgesetzes nur nach Maßgabe der in Art. 4 Abs. 1 GG getroffenen Wertentscheidung feststellen“, meint das Bundesverfassungsgericht in Verkennung des Art. 136 WRV (BVerfGE 33, 23 (31)) und kreiert damit sein eigenes Verfassungsgesetz. Gerhard Anschütz, der maßgebliche und die Väter des Grundgesetzes leitende Kommentator der Weimarer Reichsverfassung, hat klargestellt: „Staatsgesetz geht vor Religionsgebot. Was die Staatsgesetze als staatsgefährlich, sicherheits– oder sittenwidrig, ordnungswidrig oder aus sonst einem Grund verbieten, wird nicht dadurch erlaubt, daß es in Ausübung einer religiösen Überzeugung geschieht“[5].

Art. 136 Abs. 1 WRV ist im eigentlichen Sinne keine Grundrechtsschranke, welche Eingriffe in die Religionsausübungsfreiheit erlaubt, sondern weist auf den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Vorrang des Staates und damit des Rechts vor den Religionsgesellschaften und den Religionen hin, den Vorrang des Politischen vor dem Religiösen. Freilich müssen die Gesetze  dem Glauben der Menschen im privaten und auch im öffentlichen Leben hinreichende Entfaltung ermöglichen. Im Staat organisieren die Bürger ihr gemeinsames Leben durch Gesetze des Rechts. Nur allgemeine Gesetze verwirklichen, wie gesagt, die Freiheit jedermanns, nur Gesetze, denen jeder Bürger unmittelbar durch Abstimmung oder mittelbar durch seine Vertreter im Parlament zugestimmt hat. Sonst verlöre der Bürger seine Souveränität, die nichts anderes ist als seine Freiheit[6], die er aber nur gemeinsam mit allen anderen Bürgern mittels des Staates ausüben kann; denn alles Handeln hat Wirkung auf alle. Folglich können alle Bürger nur frei sein, wenn alle Handlungen den Gesetzen folgen, die der Wille aller Bürger sind. Religiosität ist aber eine private Besonderheit, die nicht verallgemeinerbar ist, wenn ein Pluralismus der Religionen bestehen können soll. Das aber folgt aus der Glaubens- und der Bekenntnisfreiheit. Es ist folgerichtig, wenn eine politische Religion wie der Islam um der Ordnung des Gemeinwesens willen, die Allgemeinheit der Zugehörigkeit der Menschen zum Islam fordert und durchsetzt. Der Islam ist wesensmäßig nicht säkularistisch. Er ist nicht nur eine Religion, sondern auch und wesentlich ein Rechtssystem.  Er kann darum, solange er sich nicht republikanisch säkularisiert, in einem wesensmäßig säkularistischen Staat, in einem Staat der allgemeinen Freiheit, einer Republik, in dem der Bürger religiös sein kann, aber nicht sein muß und seine Religion alleine zu bestimmen ein Menschenrecht hat, keine Rechtsschutz beanspruchen.

Der Vorrang des Bürgerlichen und Staatlichen ist kein das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung beschränkender Gesetzesvorbehalt oder Verfassungsvorbehalt, sondern Materie dieses Grundrechts. Er begrenzt das durch Art. 4 Abs. 2 GG gewährleistete Recht zur Religionsausübung. Dieses ist kein Recht, Bürger oder Staat mit religiösen Maximen einzuschränken, kein Recht zur Politik. Das Grundrecht der Religionsausübung schützt die jenseitige Zweite Welt, in der Gottes Wort verbindlich ist, vor der Ersten Welt des Politischen, vor Staat und Bürgern, aber nur insoweit, als die Gläubigen republikanische Neutralität wahren und nicht die Politik nach ihrem Glauben gestalten wollen. Nur im Rahmen der Gesetze des Staates darf der Gläubige religiös handeln und die allgemeine Gesetzgebungshoheit des Staates wird durch die Religionsgrundrechte nicht beschränkt. Freilich darf der Staat nicht in die Zweite Welt des Religiösen hineinregieren. Nur die Zwei-Welten-Lehre wird in der Republik dem religiösen Leben gerecht. Dennoch ist der Staat wegen des Wertgehalts der Religionsgrundrechte gehalten, die religiöse Entfaltung schützend und fördernd zu ermöglichen. Man spricht von der Religionsfreundlichkeit des Staates, von  „positiver Kooperation“ (BVerfGE 108, 282 (300)) von Staat und Kirche. Die Religionsgrundrechte gehören zur Verfassung der Deutschen. Sie haben eine objektive Dimension, sind, wenn man so will, ein Wert, den es zu beachten gilt (vgl. BVerfGE 7, 198 (205); 50, 290 (337), u. ö.; auch BVerwGE 112, 227 (233)). Das Religiöse ist aber privat und nicht staatlich. Privatheit und Öffentlichkeit sind kein Widerspruch. Wer somit eine Politik durchsetzen will, kann sich nicht auf die Religionsgrundrechte berufen. Die Menschenrechte ergeben keine andere Rechtslage[7].

Das Politische als Prinzip der allgemeinen Freiheit

Dasselbe Ergebnis ergibt sich aus dem Freiheitsprinzip des Grundgesetzes. Freiheit ist nicht nur das klägliche Abwehrrecht des Untertanen gegen die Obrigkeit, in bestimmten Bereichen nicht bevormundet zu werden. Sie ist vielmehr das Recht, unter eigenen Gesetzen zu leben, die Autonomie des Willens, die politische Freiheit[8]. Art. 2 Abs. 1 GG definiert die Freiheit ganz im Sinne des Weltrechtsprinzips des Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als jedermanns „Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, sofern er nicht die Rechte anderer verletzt oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung und das Sittengesetz verstößt“. Das Sittengesetz, der kategorische Imperativ, ist als das Rechtsprinzip der Schlüsselbegriff des Grundgesetzes[9]. Politische Freiheit eignet jedem Bürger. Sie ist allgemein. Wenn jeder unter dem Gesetz leben will, das er selbst gibt, müssen alle Bürger zu einem übereinstimmenden Gesetz finden; denn Gesetze gelten allgemein. Das verlangt allgemeine Sittlichkeit, d. h. das Rechtsprinzip zur Maxime des Handelns zu machen, zumal bei der Gesetzgebung. Ein solches Bemühen ist moralisch. Die Verwirklichung dieser Sittlichkeit organisiert die Republik unmittelbar demokratisch durch Abstimmungen des Volkes oder mittelbar demokratisch durch Beschlüsse der Vertreter des Volkes in den Organen des Staates.

Was Gesetz werden soll, bedarf der Erkenntnis des Richtigen für das gute Leben aller auf der Grundlage der Wahrheit[10]. Nicht die Herrschaft der Mehrheit ist demokratisch[11], sondern diese Erkenntnis des gemeinen Wohls, die so organisiert sein muß, daß das Volk bestmöglich in den Erkenntnisprozeß eingebunden ist, eine Aufgabe der Medien, die insofern weitgehend versagen und vielfach anstelle von Informationen republikwidrigen materiale Moralismen, Ideologien also, propagieren. Dem Parteienstaat gelingt die Rechtserkenntnis zunehmend weniger, auch wegen der Negativauslese und Rechtsferne der von ihnen durchgesetzten Abgeordneten. Aber das ändert die Verfassungslage nicht.

Gebote oder Verbote von Religionen, die als materiale Offenbarung einer Heiligen Schrift oder in anderer Weise unterschiedliche Lebensordnungen mit höchster, nämlich göttlicher Verbindlichkeit verkündet sind, sind wegen des Religionspluralismus als Maximen der Politik ungeeignet. Sie können schon deswegen nicht zum im Prinzip konsensualen allgemeinen Willen des Volkes als dem Gesetz führen[12], weil sie aus einer Schrift abgeleitet werden, die nicht für alle Bürger heilig ist. Sie sind nicht offen für die Verwirklichung der formalen Freiheit, nämlich dessen, was notwendig und allgemein für das gemeinsame Leben ohne Herrschaft ist, das Recht. Der Bürger, der durch die politische Freiheit definiert ist, muß sich somit verallgemeinern, d. h. er muß als Vernunftwesen zu handeln versuchen. Wer seine Interessen und sei es seine Religion durchzusetzen versucht, ist kein republikanischer Bürger, sondern versucht, sich das Gemeinwesen dienlich zu machen. Das ist die Handlungsweise vieler, wenn nicht der meisten Menschen, ändert aber nichts an der Rechtslage. Ein Volk läßt angesichts der dualistischen Natur der Menschen als einerseits empirisch zu sehender homo phainomenon und andererseits transzendental zu begreifender homo noumenon, als Vernunftwesen, nur die Annäherung an die gebotene Sittlichkeit erwarten. Empirie ersetzt aber nicht Recht. Ein Bürger drängt anderen Menschen nicht seine Vorstellungen von Gott, vom ewigen Leben und von der Unsterblichkeit der Seele, seine Religion also, auf, schon gar nicht durch ein für alle verbindliches Gesetz. Der Glauben hat nicht die weltliche Wahrheit zum Gegenstand und vermag darum zum richtigen Gesetz für die Welt nichts beizutragen.

Säkularität der Politik von Religionen

Säkularität ist Wesensmerkmal des Modernen Staates. Dieser Staat ist jedenfalls als Republik nicht religiös. Er läßt um des inneren Friedens willen die Ausübung von Religionen nur insoweit zu, als diese sich den weltlichen Gesetzen fügen, wie das der zitierte Art. 136 WRV klarstellt.

Republiken sind aufklärerische, bürgerliche Gemeinwesen, deren essentielle Grundlage die Säkularität von Religion und Politik ist, die Trennung von Kirche und Staat. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Jesus zu Pilatus, Johannes 18, 36)[13]. Das Christentum in Deutschland ist im Prinzip entpolitisiert, hat sich jedenfalls mit der Säkularität des Modernen Staates abgefunden. Die Unterscheidung des Geistlichen und des Weltlichen, von Jenseits und Diesseits, von Glauben und Recht, von Evangelium und Gesetz, von sacerdotium und imperium, von Papst und Kaiser, von Kirche und Staat[14], der iustitia civilis und der iustitia christiana, der iustitia operum und der iustitia fidei, also zweier Weisen von Rechtfertigung und zweier Arten von Gerechtigkeit, ist äußerlich verfaßt und innerlich gefestigt. Im Protestantismus entwickelt die reformatorische Zwei-Reiche-Lehre bereits Martin Luthers Traktat „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, 1520.  Die Freiheit zu Gott ist Freiheit vom Gesetz und von der Welt und der Mensch ist vor Gott allein durch den Glauben gerechtfertigt. Im Glauben und nur im Glauben findet der Mensch seinen Frieden, wie es in der Welt auch zugehe.  „Es gibt nur einen usus evangelii: den Glauben“. Jesus Christus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Johannes 14, 6).  Der Mensch erfährt die Gnade der Vergebung der Sünden durch den Kreuzestod Jesu Christi („iustificatio dei in homine“, „usus theologicus legis“), aber Gott gebietet den Gehorsam gegen die Obrigkeit, die Dienerin Gottes zur Erhaltung der Welt, des „Reiches Gottes zur Linken“ („usus politicus legis“)[15]. Die säkulare Freiheit entfaltet sich als politische Freiheit im Staat durch rechtliche Gesetzlichkeit, die religiöse „als Freiheit von der Sünde, vom Gesetz und vom Tode“ in der Kirche[16]. „Vom Standpunkt der Reformation ist der ‚Christliche Staat‘ ein Ungedanke“, Herbert Krüger[17]. Der Katholizismus mußte nach fast zweitausendjährigem Kampf um die politische Macht der Kirche seit den Anfängen der Urkirche über Augustinus Gottesstaat, den Investiturstreit und die Reformation bis hin zum Kulturkampf gegen den „ultramontanen Katholizismus“, vor allem gegen die Jesuiten, im Preußen Bismarcks (1861 bis 1876)[18] die Überwindung des „Konstantinischen Systems des Zwangskirchentums“[19] hinnehmen[20]. Allein schon die institutionelle Unvereinbarkeit der von Rom aus regierten Weltkirche und der Territorialstaaten standen und stehen einer politischen oder eben weltlichen Hoheit der Kirche entgegen. Erst recht läßt das Dogma vom unfehlbaren Lehramt (c. 749 § 1 und § 2 CIC), das auch Sittenlehren umfaßt, eine politische Relevanz theologischer Erkenntnisse nicht zu, schon gar nicht in demokratisch verfaßten Gemeinwesen. Die Säkularisierung war die schwierigste, wohl auch blutigste (Dreißigjähriger Krieg), aber auch bedeutsamste Entwicklung des Abendlandes. Sie war und ist ein Kulturkampf. Jetzt ist sie die aufklärerische Grundlage der Kultur Europas. „Die Säkularität der politischen Ordnung ist für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Orientierung in einer freiheitlichen Demokratie unumgänglich“[21]. Wer durch seine Religion politisch gebunden ist, ist jedenfalls in einer „offenen Gesellschaft“ nicht demokratiefähig. Die Säkularität ist zugleich die Voraussetzung der religionsfreiheitlichen Menschen- und Grundrechte. Sie steht nicht zur Disposition.

Neutralität und Toleranz

Der freiheitliche Staat muß demgemäß gegenüber den Religionen Neutralität wahren (BVerfG, st. Rspr., zuletzt BVerfGE 93, 1 (16 ff.); 102, 370 (383); 105, 279 (294); 105, 370 (394); 108, 282 (299 ff.); auch BVerwGE 90, 112 (123 f.)), besser: Er darf sich mit keiner Religion identifizieren (i.d.S. BVerfGE 30, 405 (422); 93, 1 (17); 108, 282 (299 ff.)[22]. Weil aber der Staat nichts anderes ist als das vereinigte Volk, die Vielheit der Bürger, deren allgemeiner Wille die Gesetze gibt, müssen die Bürger in ihrer Politik gegenüber den Religionen neutral sein. Sie müssen sich, wie gesagt, innerlich neutralisieren, wenn sie sich, ihrer bürgerlichen Pflicht gemäß, an der Politik beteiligen. Das gehört zu ihrer Sittlichkeit, der inneren Freiheit, ohne die es keine äußere Freiheit als die Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür gibt (Kant, Metaphysik der Sitten, ed. Weischedel, 1968, Bd. 7, S. 345). Das ist das Ethos eine Bürgers in der Republik.

Auch um der religiösen Freiheitsrechte willen, welche ausweislich des Grundgesetzes und im Rahmen ihres grundrechtlichen Schutzes zum Gemeinwohl Deutschlands gehören, müssen alle Menschen im Lande es hinnehmen, daß Menschen ihre Religion ausüben, d. h. nach den Schriften und Geboten ihrer Religion leben und handeln, obwohl diese Maximen nicht verallgemeinerungsfähig sind, aber nur im Rahmen der Verfassung, des Verfassungsgesetzes und der Gesetze, nur privat, nicht staatlich.

Das ist die grundrechtsgestützte Toleranz (vgl. BVerfGE 24, 236 (249); 32, 98 (108); 41, 29 (51); 41, 65 (78 f.); 52, 223 (251); 90, 112 (118 ff.); 93, 1 (22 f.); 108, 282 (297 ff.); BVerwGE 94, 82 (91, 92 f.)) der Republik. Mehr als ihre Duldung der privaten Religionsausübung, die Toleranz des Staates und seiner Bürger, können sie nicht beanspruchen. Nicht nur der Staat hat den Religionen gegenüber Neutralität zu wahren, sondern auch die Gläubigen dem Staat gegenüber.

Die Pflicht zur Toleranz ist Grenze der eigenen Rechte aus dem Religionsgrundrecht[23]. Die Religionsausübung darf sich aber nur in den engen Grenzen des im weiteren Sinne Kultischen bewegen, weil der Grundrechts- und auch der Menschenrechtsschutz der Religionsfreiheiten nicht weiter reichen. Es ist eine Frage des allgemeinen Willens des Volkes, also der Gesetze, wie weit der Bereich der Toleranz im Einzelnen abgesteckt wird. Dabei sind alle durch das Verfassungsgesetz geschützten Prinzipien zu berücksichtigen. Immer aber muß der Zweck des Staates verwirklicht werden, nämlich der, daß alle Menschen im Gemeinwesen ein gutes Leben in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit haben[24]. Das gebietet vor allem Sicherheit nach Innen und Außen. Das ist die Verfassung, die mit uns geboren ist, welche der Staat zu verwirklichen hat. Keinesfalls wäre es verfassungsgemäß, wenn eine religiös gebundene Mehrheit ihre Macht, etwa  der Stimmen,  benutzt, also mißbraucht, um andere, die diese Religion nicht teilen, politisch durch religiös bestimmte Gesetze zu unterdrücken. Nichts berechtigt in einer Republik, die durch Freiheit definiert ist, eine Mehrheit, die Minderheit(en) zu beherrschen[25]. Der Staat hat nur einen Zweck, das Recht zu verwirklichen[26].

Erkenntnis des Rechts

Praktische Vernunft gebietet die Erkenntnis dessen, was in der Lage Recht ist. Dieses ist objektiv. Es wird durch die Gesetze materialisiert. Der Gesetzgeber, das ganze Volk also, dessen allgemeiner Willen Verbindlichkeit für alle Bürger begründet, muß die Wirklichkeit, das was ist, erkennen und erkennen, welches Gesetz für die erkannte Lage richtig ist. Dabei müssen alle Grundsätze des Rechts gemäß deren Rang berücksichtigt werden, also die Verfassung, die mit dem Menschen geboren ist und nicht zur Disposition der Politik steht, das sind die Menschenwürde, die Menschenrechte, die daraus folgenden Strukturprinzipien des Verfassungsgesetzes, die Verfassungsidentität, nämlich das demokratische Prinzip, das Rechtsstaats- und das Sozialprinzip, aber in Deutschland auch das Prinzip des Deutschen, weiterhin die sonstigen Vorschriften des Grundgesetzes, die nur mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages und des Bundesrates geändert werden dürfen, die vielen völkerrechtlichen Verpflichtungen wie auch die des Europarechts und schließlich die allgemeinen Rechtsgrundsätze, insbesondere den der Einheit der Rechtsordnung, also die Widerspruchsfreiheit der Gesetze.

Beides, die empirische Wirklichkeit, also die Wahrheit als empirische Theorie von der Wirklichkeit[27], und die normative Dogmatik der Rechtslage sind diesseitige Gegenstände der Ersten Welt. Sie sind Gegenstände des Wissens und damit der Wissenschaft. Diese hat ihr Grundrecht in der Freiheit von Forschung und Lehre in Art. 5 Abs. 3 GG[28]. Jeder Mensch kann und jeder Bürger soll sich an dem Diskurs der Erkenntnis beteiligen. Das schützt die Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG, deren Grenze nach Absatz 2 vor allem die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre sind. Eine Meinung ist nicht jede beliebige Äußerung, etwa nicht die Werbung, sondern nur der Beitrag zur Wahrheit und Richtigkeit. Den grundrechtlichen Meinungsschutz haben auch die Presse und begrenzt Film und Rundfunk. Diese wesentlich politischen Rechte kann jeder neben der allgemeinen politischen Freiheit des Art. 2 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen. Religionen können und dürfen in der Republik zur Erkenntnis des Rechts nicht beitragen.

Glauben ist nicht Wissen und Glaubensbekundungen sind keine Meinungsäußerungen im Sinne der genannten Grundrechte. Glauben, der Leitbegriff der Religionsgrundrechte, sind Vorstellungen von Gott, von der Unsterblichkeit, vom ewigen Leben also, Vorstellungen, die des Beweises nicht fähig sind, weil ihre Gegenstände in der Ersten Welt des Diesseits keine Wirklichkeit haben. Sie gehören in die jeweilige Zweite Welt der Gläubigen, des Jenseits. Sie können deshalb der diesseitigen Politik nicht zugrundgelegt werden, schon nicht wegen des Pluralismus der Glaubensvorstellungen, die, weil sie nicht eingeschränkt werden dürfen, auch  nicht gesetzlich geregelt werden dürfen. Jeder Bürger, der sich an der Politik beteiligt, muß somit von seinem Glauben absehen, er muß sich innerlich säkularisieren. Sonst kann er nicht erkennen, was richtig für das gute Leben aller Bürger ist. Nur das aber dürfen die Gesetze verbindlich machen. Politik ist „ausübende Rechtslehre“, sagt Kant (Zum ewigen Frieden, ed. Weischedel, 1968, Bd. 9, S. 229), nicht etwa der Kampf um die Macht, trotz aller enttäuschenden Wirklichkeit. Nur Glauben, Bekenntnis und Religionsausübung findet somit in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG Grundrechtsschutz, nicht aber Politik, nicht politisches Handeln. Eine Religion, die das diesseitige Leben und Handeln regelt, wie bis in den Alltag hinein der Islam, die weltliches Gesetz ist, wie vor allem die Scharia, kann sich somit nicht auf die Religionsgrundrechte berufen. Sie genügt nicht dem Religionsbegriff des Grundgesetzes. Dieser Begriff ist nicht nur der Begriff auch der Texte des Völkerrecht, sondern der Begriff, der allein einer Republik gemäß ist.

Islamisierung Deutschlands gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung

Ein schwer widerlegbares Argument gegen einen Grundrechtsschutz des Islam, ist die Verpflichtung des Staates und damit jedes Bürgers auf die freiheitliche demokratische Grundordnung, die „verfassungsmäßige Ordnung“ des Grundgesetzes[29]. Diese begrenzt auf Grund vieler Bestimmungen das politische Handeln. Als begrenzendes Definiens gehört zu  Art. 2 Abs. 1 GG, der die allgemeine Freiheit schützt, die Achtung der „Rechte anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und des Sittengesetzes“. Art. 9 Abs. 2 GG definiert die Vereinigungsfreiheit auch durch die konstitutionellen Verbote von Vereinen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Die Meinungsäußerungsfreiheit, insbesondere die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG, sind durch die „allgemeinen Gesetze“ eingeschränkt. Zu diesen gehört die freiheitliche demokratische Grundordnung in erster Linie. Meinungsäußerungen, die gegen diese kämpfen, finden keinen Grundrechtsschutz. Das folgt aus Art. 18 GG, der die Verwirkung des Grundrechts des Art. 5 Abs. 1 GG vorschreibt, jedenfalls wenn der Kampf „aggressiv-kämpferisch“ ist. Hinzu kommen die vereins- und strafrechtlichen Vorschriften, welche diese Ordnung schützen. Besonders wichtig ist das Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 GG. Danach „haben alle Deutschen gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung, d. i. die freiheitliche demokratische Grundordnung, zu beseitigen, das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“. Es wäre widersprüchlich, wenn ein Grundrecht ein Handeln schützt, gegen das alle anderen Bürger Widerstand zu üben ein Grundrecht haben. Wie immer man den Begriff des Unternehmens, das sich gegen die Ordnung des fundamentalen Art. 20 GG richtet, einengt, es gibt keinen Grundrechtsschutz für eine solche Politik. Das Bemühen, den Islam in der Welt durchzusetzen, ist ein solches Unternehmen. Dieser Djihad gehört zu den Pflichten jedes Muslims. Er erfüllt sie auch durch die Errichtung heiliger Stätten des Islam, ja durch jedes Gebet, das die Herrschaft Allahs erbittet, solange der Islam nicht nachhaltig die Säkularität der Politik lebt.

Alle politischen Grundrechte sind durch die freiheitliche demokratische Grundordnung begrenzt. Deswegen können sie nach Art. 18 GG verwirkt werden, wenn sie zum Kampf gegen diese Ordnung mißbraucht werden. Die Grundrechte des Art. 4 GG können nicht verwirkt werden. Sie geben deshalb nicht etwa einer religiös begründeten Politik besonders starken Grundrechtsschutz, wie es das Bundesverfassungsgericht in einem argumentativen Fehlschluß ausgesprochen hat (BVerfGE 24, 236 (246); 33, 23 (29); 35, 366 (376)), sondern überhaupt keinen Grundrechtsschutz für politisches Handeln. Religiosität rechtfertigt keine Politik in der Ersten Welt des Staates. Den Grundrechtsschutz der Freiheit des Glaubens, des Bekenntnisses und der schmalen Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung, etwa den Kirchgang, zu verwirken, wäre nicht zu rechtfertigen, weil das Leben in der Zweiten Welt des Religiösen die Ordnung des Staates nicht gefährden kann, wenn es im Rahmen der Grenzen der Religionsgrundrechte bleibt. Aber Mißbrauch eines Rechts für rechtsfremde Zwecke kann sich nicht auf den Schutz des Rechts berufen.

Der Islam ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar[30]. Er verlangt nach dem Gottesstaat. Jede Herrschaft von Menschen über Menschen ist durch Allah befohlen, wenn sie islamisch ist. Demokratie, Gewaltenteilung, Opposition sind dem Islam wesensfremd.

Die Kairoer Deklaration für Menschenrechte im Islam der Organisation der Islamischen Konferenz, zu der 57 muslimische Staaten gehören, vom 5. August 1990[31] stellt den Vorrang der Scharia und die Verbindlichkeit von Koran und Sunna eindrucksvoll klar: Wesentliche Menschenrechte wie das Recht auf Leben (Art. 2 lit. a) und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 lit d) stehen unter den Vorbehalt der Scharia. Art. 6 räumt der Frau die gleiche Würde wie dem Mann ein, nicht aber die gleichen Rechte. Die Erziehung muß mit den ethischen Werten und Grundsätzen der Scharia übereinstimmen (Art. 7 Abs. 2). Die Erziehung in allen Einrichtungen, Familien, Schulen, Universitäten und Medien, muß den Glauben an Gott stärken (Art. 9 Abs. 2). „Der Islam ist die Religion der reinen Wesensart. Es ist verboten, irgendeinen Druck auf einen Menschen auszuüben oder seine Armut und Unwissenheit auszunutzen, um ihn zu einer anderen Religion oder zum Atheismus zu bekehren“ (Art. 10). Nur innerhalb des Rahmens der Scharia hat der Mensch das Recht der Freizügigkeit und die freie Wahl des Wohnortes (Art. 12 S. 1). Das Asylrecht besteht nicht, wenn der Asylgrund nach der Scharia ein Verbrechen darstellt (Art. 12 S. 3). Urheberrechte oder Rechte des gewerblichen Rechtsschutzes bestehen nur für Werke, die den Grundsätzen der Scharia nicht widersprechen (Art. 16), also nicht für Abbildungen des Menschen. „Jeder Mensch hat das Recht in einer sauberen Umwelt zu leben, fern von Laster und moralischer Korruption, in einer Umgebung, die seiner Entwicklung förderlich ist“ (Art. 17 a S. 1). Folglich kann der Muslim in der ‚sittenlosen‘ westlichen Welt nicht leben, solange diese nicht islamisiert ist oder deren Islamisierung erwartet werden kann. „Über Verbrechen und Strafen wird ausschließlich nach den Bestimmungen der Scharia entschieden“ (Art. 19 d). „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, soweit er damit nicht die Grundsätze der Scharia verletzt“ (Art. 22 a). „Jeder Mensch hat das Recht, im Einklang mit den Normen der Scharia für das Recht einzutreten, das Gute zu verfechten und vor dem Unrecht und dem Bösen zu warnen“ (Art. 22 b). „Information ist lebensnotwendig für die Gesellschaft. Sie darf jedoch nicht dafür eingesetzt und mißbraucht werden, die Heiligkeit und Würde des Propheten zu verletzen, die moralischen und ethischen Werte auszuhöhlen und die Gesellschaft zu entzweien, sie zu korrumpieren, ihr zu schaden und ihren Glauben zu schwächen“ (Art. 22 c). Jeder Mensch hat das Recht, im Einklang mit den Bestimmungen der Scharia ein öffentliches Amt zu bekleiden“ (Art. 23 Abs. 2 S. 2), d.h., er muß Moslem sein. „Alle Rechte und Freiheiten, die in der Erklärung genannt sind, unterstehen der islamischen Scharia“ (Art. 24). „Die islamische Scharia ist die einzige zuständige Quelle für die Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung“ (Art. 25). Die Scharia ist nach den zitierten Erklärungen das Maß („der Rahmen“) der Menschenrechte. Die Erklärung richtet sich ausweislich der Präambel und des Art. 1 an die ganze Menschheit, wonach alle Menschen eine Familie bilden, deren Mitglieder durch die Unterwerfung unter Gott („Diener Gottes“, Koran 3, 51; 6, 102; 10, 3) vereint sind[32]. Aber die Menschenrechte sind „Gottesgabe und Gottesgnade, die ihre Empfänger zu Gehorsam gegenüber dem Schöpfer verpflichtet“[33]. Rechte und Pflichten (gegenüber Gott) sind eine Einheit. Schließlich heißt Islam (jedenfalls auch) „Hingabe an Gott“[34]. Die islamische Rechtsordnung ist vornehmlich Pflichtenordnung. Nur wer die Pflichten gegenüber Gott erfüllt, kann sich auf die Rechte berufen (also nur die Gläubigen).  Die Mitglieder der Organisation betonen in der Präambel „die kulturelle und historische Rolle der islamischen Umma, die von Gott als die beste Nation geschaffen wurde und die der Menschheit eine universelle und wohlausgewogene Zivilisation gebracht hat, in der zwischen dem Leben hier auf Erden und dem im Jenseits Harmonie besteht und in der Wissen mit Glauben einhergeht, …“.

Die Einheit von Religion und Politik kommt in dieser neuzeitlichen Menschenrechtserklärung der islamischen Staaten klar zur Sprache. Die Menschenrechte des Westens sind die politische Grundlage des Modernen Staates, nach Art. 1 Abs. 2 GG auch Deutschlands. Sie definieren geradezu die Menschheit des Menschen und stehen allen Menschen ohne jeden Unterschied zu. Ihre religiöse Relativierung ist eine tiefgreifende Einwirkung der Religion auf die Politik und macht die Scharia weitestgehend zum Maßstab der Politik. Die Geltung und Anwendung der Scharia ist fundamentales Prinzip des islamischen Staates. Deren Postulat ist wesentlicher Ausdruck des Islamismus[35]. Die Scharia behauptet sich mehr und mehr in der Umma, nicht nur im Haus des Islam, sondern zunehmend auch im Haus des Vertrages[36], wie es Deutschland  geworden ist,  und wird sogar im Haus des Krieges angewandt, freilich strafbar.

Der Koran und die Sunna und damit auch die Scharia mit den Hudud-Strafen (Steinigen, Köpfen, Amputieren, Auspeitschen) sind das höchste Gesetz. Der Islam akzeptiert, abgesehen vom Übertritt zum Islam, eine Religionsfreiheit nicht. Apostasie wird schwer, auch mit dem Tode, bestraft. Freiheit besteht im koranischen Leben. Augenfällig ist die Unterdrückung der Frauen in dem sakralisierten Patriarchat. Frauen müssen sich verhüllen, um die Männer nicht von der Liebe zu Allah abzulenken. Sie bestimmen ihre Ehemänner nicht alleine und haben nur die Aufgabe, zahlreichen Nachwuchs zu gebären. Vorehelicher Verkehr und Ehebruch werden nicht anders als Homosexualität, wenn möglich, mit dem Tode bestraft. Der Islam ist jenseitszentriert, das Diesseits wird verachtet. Gottgefällig ist der frühe Tod im Dschihad, insbesondere, wenn er das eigene Leben kostet[37].

Durchsetzung des Islam in Deutschland

Es gibt viele Muslime, die nicht islamisch leben, aber Muslime bleiben wollen und die Säkularisation der Politik von ihrem Glauben nicht beklagen. Aber sie werden sich nicht durchsetzen. Über die koranische Bindung der Politik wacht die Umma, die Gemeinschaft aller Muslime. Oft werden Säkularisationsbestrebungen als Apostasie verfolgt. Der Schutz aus Art. 4 Abs. 2 GG, die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung, setzt die nachhaltige Säkularisation der Gläubigen und ihrer Gemeinschaften voraus. Die Unterscheidung von Islam und Islamismus, der mit Gewalt den Islam durchzusetzen versucht, hilft nicht, weil der Islam essentiell und in Koran und Sunna  begründet  politisch ist. Der Koran und die Sunna stehen für den Islam nicht zur Disposition. Dialogische Beschwichtigungen gehen an der Wirklichkeit und an der Rechtslage vorbei. Die Erwartung eines verwestlichten Islam ist illusorisch[38].  Der Djihad, der die Islamisierung der Welt zum Ziel hat, ist religiöse Pflicht jedes Muslim. Gewalt zu diesem Zweck ist Gottes Wille, die der Täter als Diener Gottes übt. Sie gehört zum Wesen des Islam, dessen Frieden erst durch die allseitige Unterwerfung unter den Koran und die Sunna erreicht sein wird.

Viele Staaten, in denen vornehmlich Muslime leben, sind nicht völlig islamisiert, etwa die Türkei noch nicht, in deren Verfassung der Laizismus festgeschrieben ist. Es gibt viele Einflüsse des Westens auf diese Staaten, die aber seit etwa einem halben Jahrhundert mehr und mehr zurückgedrängt werden, auch durch mörderische Kriege. Allein durch ihre demographische Entwicklung haben die muslimischen Völker an Macht gewonnen und sind nicht mehr bereit, sich vom Westen bevormunden zu lassen, das zu Recht. So sehr die Menschenrechte universal sind, so wenig ist es gerechtfertigt, anderen Völkern diese gar gewaltsam zu oktroyieren. Humanitäre Intervention ist, außer auf Beschluß der Vereinten Nationen, um Völkermord zu unterbinden, völkerrechtswidrig[39]. Aber die Europäer haben das Recht und die Pflicht, ihre Verfassungen  und damit ihre Kultur, die zur Identität ihrer Staaten gehören,  zu verteidigen und dürfen nicht auf Grund einer irregeleiteten Dogmatik der Religionsfreiheit ihre aufklärerischen und im übrigen im Christentum verankerten Lebensprinzipien, die in revolutionären Kämpfen in Jahrhunderten durchgesetzt wurden, gefährden. Wer die islamische Scharia in Deutschland einführen will, unternimmt es, die grundgesetzliche Ordnung zu beseitigen. Widerstand gegen Verfassungsfeinde ist sittliche Pflicht jedes Bürgers.

Die politische Bindung an den Islam wird in den Moscheen und Minaretten, mit den Burkas, Niqabs und Kopftüchern, im Muezzinruf usw. nicht nur symbolisiert, sondern eingefordert. Die Moscheen und die Minarette sind Einrichtungen des Islam, welche die Herrschaft Allahs über die Muslime geradezu versteinern oder betonieren. In den Moscheen versammeln sich die Muslime (u. a.) zum Gebet, das Allah und die göttliche Ordnung verherrlicht und zugleich für die Hinwendung zum Islam wirbt[40]. Die erste Sure ist das Kurzgebet des Muslims. Es lautet:

„Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Lob und Preis sei Allah, dem Herren aller Weltenbewohner, dem gnädigen Allerbarmer, der am Tage des Gerichtes herrscht. Dir allein wollen wir dienen, und zu dir allein flehen wir um Beistand. Führe uns den rechten Weg, den Weg derer, welche sich deiner Gnade freuen – und nicht den Pfad jener, über die du zürnst oder die in die Irre gehen!“ (Übersetzung von Ludwig Ullmann).

Die Gebete sind die stetige Unterwerfung unter den Koran und das Koranische und damit unter die Scharia[41] und stellen diese über die freiheitliche demokratische Ordnung. Dazu fordert der Gebetsruf des Muezzins auf, der die Gottesherrschaft und Größe Allahs ausruft. Er lautet übersetzt:

„Allah ist der Größte. Ich bezeuge, daß es keinen Gott außer Allah gibt. Ich bezeuge, daß Muhammad der Gesandte Allahs ist. Auf zum Gebet. Auf zum Heil. Allah ist der Größte. Es gibt keinen Gott außer Allah“.

Bei der schiitischen Variante wird den beiden Aufrufen zum Gebet und zum Heil ein dritter hinzugefügt, nämlich der „zum guten Werk“. Für die Sunniten gilt zudem eine Regel, die während des Gebetsrufs laut zu sprechen ist: „Es gibt keine Kraft und keine Macht außer Allah“. Die Muslime erbitten die Verwirklichung der koranischen und schariatischen Lebensweise. In der Sure 3, 27 (oder 26) heißt es: „Bete: Allah, der du Herr der Herrschaft bist, du gibst die Herrschaft, wem du willst, und erniedrigst, wen du willst. In deiner Hand ist alles Gute, denn du bist über alle Dinge mächtig“[42].

Vereinzelte Meinungen muslimischer Lehrer oder Politiker, meist um Anpassung an die westlichen Verfassungsgesetze bemüht, ändern an dieser Rechtslage nichts. Sie sind nicht nur nicht repräsentativ für den Islam, in dem sich die Lehren der führenden Lehrer der Umma und deren politischen Führer durchsetzen und durchgesetzt werden, auch in Deutschland. Zu deren Mitteln gehört auch die Teilnahme am vom Staat veranstalteten multikulturellen Dialog, in dem Zugeständnisse an eine religiös begründete, aber verfassungswidrige politische Praxis von Muslimen abgerungen werden. Die für die politischen Ziele förderliche Furcht wissen islamische Akteure zu erzeugen[43].

Das freiheitliche Rechtsprinzip, die Bürgerlichkeit der Bürger, ist das Ethos Deutschlands. Es läßt keine religiöse Bindung in der Politik zu. Der grundrechtsgeschützte Widerstand ist sittliche Pflicht. Ein Gemeinwesen aber ohne Freiheit und freiheitliches Recht[44] ist, entgegen der Verfassung des aufgeklärten Deutschland und gegen die Kultur Europas, Gebot des Islam, nicht nur Ziel des Islamismus.

 

Zweiter Teil

Islamisches Kopftuch im Schuldienst

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im Beschluss vom 27. ­Januar 2015 (1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10), bekannt gemacht am 13. März 2015, § 57 Abs. 4 Sätze 1 und 2 sowie § 58 Satz 2 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen verfassungskonform eingeschränkt und § 57 Abs. 4 Satz 3 des Gesetzes für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Diese Vorschriften enthielten der Sache nach das uneingeschränkte Kopftuchverbot für Musliminnen im Schuldienst, ohne dass religiöse Bekundungen durch Kleidung und Zeichen etwa von Christen verboten wurden.

Die Verfassungsbeschwerden zweier muslimischer Schulbediensteten im Angestelltenverhältnis, einer Sozialpädagogin und einer Lehrerin, hatten sich gegen Urteile der Arbeitsgerichtsbarkeit bis hin zum Bundesarbeitsgericht gerichtet, die das Kopftuchverbot im Schuldienst als rechtens erkannt haben. Die Sozialpädagogin hatte übrigens ihre Haare nicht mit einem Kopftuch verhüllt, sondern mit einer Baskenmütze, nachdem ihr das Kopftuch untersagt worden war. Die Baskenmütze hat die gleiche religiöse Pflicht wie ein Kopftuch erfüllt, die Verhüllung der Haare. Beide Fälle wurden gleich behandelt, entgegen der Mindermeinung zweier Richter des Senats zu Recht.

Die relevanten Textstellen, nämlich Abs. 4 S. 1 bis 3 des § 57 und § 58 Schulgesetz NRW, lauten wie folgt:

»1 Lehrerinnen und Lehrer dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören.

2  Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder den Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt.

3  Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Artikel 7 und 12 Abs. 6 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1.

4 Das Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht und in den Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen.«

»1  Sonstige im Landesdienst stehende pädagogische und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken bei der Bildungs- und Erziehungsarbeit mit.

2  § 57 Abs. 4 und 6 gilt entsprechend.«

Das Bundesverfassungsgericht hat eine abstrakte Gefahr für den Schulfrieden durch eine von der Religion gebotene Kopfbedeckung nicht genügen lassen, um die Religionsfreiheit der Schulbediensteten einzuschränken, sondern eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden verlangt, die es durch die Baskenmütze der Sozialpädagogin und das Kopftuch der Lehrerin, mit denen diese unterrichtet haben, nicht zu erkennen vermochte.

Der Beschluss, der offenkundig der Parole »Der Islam gehört zu Deutschland« folgt, ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Er leidet unter rechtsdogmatischen Fehlern und genügt nicht den Mindestanforderungen an die Begründung einer Rechtserkenntnis von derart weitreichender Bedeutung wie die Legalisierung der Bekundung der Bindung an eine Religion im öffentlichen Dienst, deren Lehre mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar ist.

Das Gericht hält ohne jede Auseinandersetzung mit der kontroversen Literatur an seiner extensiven Dogmatik einer Religionsfreiheit fest, die nicht nur keine Grundlage im Text des Grundgesetzes findet, sondern die die Religionsausübung im Gegensatz zur klaren Regelung in den Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit dem inkorporierten Art. 136 WRV von dem Vorbehalt der Gesetze freistellt. Es gibt dem selbst kreierten Grundrecht einer Religionsfreiheit den Rang eines Verfassungsprinzips, das nur zugunsten anderer gleichrangiger Verfassungsprinzipien eingeschränkt werden dürfe. Schlimmer noch, die freiheitliche demokratische Grundordnung, zu deren Lasten es schlechterdings keinen Grundrechtsschutz geben kann, nimmt das Gericht in keiner Weise in den Blick, obwohl der Islam mit dieser unvereinbar ist. Zur vermeintlichen Religionsfreiheit fasst das Gericht seine jahrzehntelange Rechtsprechung zu den Randnummern 85 und 98 des Beschlusses wie folgt zusammen:

»Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben. Umfasst sind damit nicht allein kultische Handlungen und die Ausübung und Beachtung religiöser Gebräuche, sondern auch die religiöse Erziehung sowie andere Äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen Lebens. Dazu gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben; dies betrifft nicht nur imperative Glaubenssätze.«

»Einschränkungen dieses Grundrechts müssen sich aus der Verfassung selbst ergeben, weil Art. 4 Abs. 1 und 2 GG keinen Gesetzesvorbehalt enthält. Zu solchen verfassungsimmanenten Schranken zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. Als mit der Glaubensfreiheit in Widerstreit tretende Verfassungsgüter kommen hier neben dem staatlichen Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, das elterliche Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) und die negative Glaubensfreiheit der Schüler (Art. 4 Abs. 1 GG) in Betracht. Das normative Spannungsverhältnis zwischen diesen Verfassungsgütern unter Berücksichtigung des Toleranzgebots zu lösen, obliegt dem demokratischen Gesetzgeber, der im öffentlichen Willensbildungsprozess einen für alle zumutbaren Kompromiss zu suchen hat. Die genannten Grundgesetz-Normen sind zusammen zu sehen, ihre Interpretation und ihr Wirkungsbereich sind aufeinander abzustimmen.«

Das Grundgesetz unterscheidet in Art. 4 drei Religionsgrundrechte, die Glaubensfreiheit, die Bekenntnisfreiheit in Abs. 1 und die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung in Abs. 2. Die Glaubensfreiheit schützt eine innere Überzeugung und ist demgemäß »unverletzlich«. Jeder Mensch kann und darf glauben, was ihm einfällt. Das Bekenntnis ist das Glaubensbekenntnis, das niemand vorschreiben darf, seit es das früher Gewissensfreiheit genannte Recht gibt, einer selbst gewählten Religion anzugehören (Konfessionsfreiheit des Augsburger Religionsfriedens, gestärkt durch Friedrich den Großen). Äußeres religiöses Handeln wird nur durch das Recht zur ungestörten Religionsausübung »gewährleistet«, das denn auch in einem besonderen Absatz, nämlich Art. 4 Abs. 2 GG geregelt ist. Dieses Grundrecht unterliegt dem Staats- und damit dem Gesetzesvorbehalt des Art. 136 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG. Art. 136 WRV lautet:

»Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.«

Schlechterdings kann nicht ein derart weites Recht wie das der ungestörten Religionsausübung ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet werden, also ohne Einschränkungsmöglichkeit. Mit der textwidrigen Zusammenfassung der drei Grundrechte zu einem Grundrecht der Religionsfreiheit erlaubt sich das Gericht, dieses umfassende Grundrecht, das »gesamte Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln«, »glaubensgeleitet zu leben« vom Gesetzesvorbehalt und damit von der Politik des Staates freizustellen und lediglich einem engen Verfassungsvorbehalt zu unterwerfen. Das ist gegen das Verfassungsgesetz der Deutschen und gegen die Verfassung der Menschheit des Menschen. Der Religionspluralismus lässt es nicht zu, dass eine Religion die Verbindlichkeit der Gesetze relativiert, schon gar nicht, wenn eine Religion das politische Handeln vorschreibt.

Für eine Religion, die nicht säkularistisch ist, also nicht strikt Religion und Politik trennt, kommt der Grundrechtsschutz der Religionsausübung gar nicht in Betracht. Politisches Handeln findet Grundrechtsschutz in anderen Grundrechten, nicht in denen der Religion. Die Säkularisation von Religion und Politik ist Fundament des aufklärerischen Gemeinwesens. Der Islam aber ist nicht säkularistisch, sondern bestimmt alles Handeln der Muslime mit religiöser, also göttlicher und damit höchster, nicht relativierbarer Verbindlichkeit.

Ohne die umstürzende Veränderung der Religionsgrundrechte des Art. 4 GG könnte das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss nicht treffen. Aber es hat die fragwürdigste aller Methoden für seine Dogmatik der von ihm kreierten Religionsfreiheit gewählt, die völlige Verweigerung einer Auseinandersetzung mit den zahlreichen und gewichtigen Gegenmeinungen. Insbesondere hat das Gericht Art. 136 WRV entgegen der Inkorporationsregel des Art. 140 GG aus der grundgesetzlichen Verfassung hinausgedrängt. Es hat diese Vorschrift nicht einmal mehr erwähnt, obwohl sie klarstellt, was in einer aufklärerischen Republik selbstverständlich ist, den Vorrang des Staatlichen und damit der Politik vor der Religion im öffentlichen Leben.

Ohne den Vorrang des Staatlichen vor dem Religiösen kann es keinen Frieden in einem Land geben, in dem jeder eine andere Religion haben darf, gerade weil Religionen ihrem Wesen nach höchste Verbindlichkeit beanspruchen. Diese aber muss sich auf das Jenseits, die Zweite Welt, beziehen und kann keine Verbindlichkeit im Diesseits, der Ersten Welt, beanspruchen. Für die Christen ist das an sich klar, denn Jesus spricht: »Ich bin nicht von dieser Welt.« Die Zwei-Welten-Lehre hat der Kirchenvater Augustinus in De Civitate Dei gelehrt. Von jedem Bürger einer Republik wird darum gefordert, dass er sich innerlich säkularisiert, dass er seine Religion nicht in seiner Politik, also in seinem öffentlichen Wirken, zur Geltung bringt. Das gehört zu seiner Souveränität, seiner politischen Freiheit. Diese bürgerliche Sittlichkeit ist nicht leicht, aber um des gemeinsamen Lebens in Frieden notwendig. Der Islam aber ist nicht säkularistisch und trennt gerade nicht die Religion von der Politik.

Im Übrigen: Aus dem Wort »Religionsfreiheit« in Art. 136 WRV lässt sich ein umfassendes Grundrecht der Religionsfreiheit nicht herleiten. Der Rechtsbegriff fasst lediglich die in Art. 4 GG geregelten Grundrechte zusammen, erweitert aber nicht deren Schutzgehalt.

Ernüchternd ist, dass das Gericht nicht den geringsten Versuch macht, den Islam als politische Religion zu erfassen und zu prüfen, ob jemand für diese Religion überhaupt Grundrechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Das setzt voraus, dass sie mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar ist. Das ist der Islam nicht. Der Islam ist sicher eine Weltreligion, aber deswegen nicht schon durch Grundrechte des Grundgesetzes geschützt. Die freiheitliche demokratische Grundordnung ist das Fundamentalprinzip des Grundgesetzes. Sie ist Schutzgegenstand des Widerstandsrechts aus Art. 20 Abs. 4 GG. Es kann nicht sein, dass ein Bürger ein Grundrecht hat, das ihm erlaubt, religiös begründet, gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu handeln, während andere Bürger das Grundrecht haben, gegen solches Handeln Widerstand zu leisten, der »gegen jeden« erlaubt ist, »der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist«. Das wäre die Verfassung des Bürgerkrieges.

Das Bundesverfassungsgericht begnügt sich in selten rechtsferner Rechtsfindungsmethode, die die Tatsachen nicht zur Kenntnis nimmt, mit den folgenden Sätzen zu Rn. 118:

»Allerdings ist mit Rücksicht auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die Annahme verfehlt, schon das Tragen eines islamischen Kopftuchs oder einer anderen, auf eine Glaubenszugehörigkeit hindeutenden Kopfbedeckung sei schon für sich genommen ein Verhalten, das gemäß § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW bei den Schülern oder den Eltern ohne Weiteres den Eindruck hervorrufen könne, dass die Person, die es trägt, gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete. Diese pauschale Schlussfolgerung verbietet sich. Wenn das Tragen des Kopftuchs etwa als Ausdruck einer individuellen Kleidungsentscheidung, von Tradition oder Identität erscheint, oder die Trägerin als Muslimin ausweist, die die Regeln ihres Glaubens, insbesondere das von ihr als verpflichtend verstandene Bedeckungsgebot, strikt beachtet, lässt sich das ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Distanzierung von den in § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW genannten verfassungsrechtlichen Grundsätzen interpretieren. Auch den Glaubensrichtungen des Islam, die das Tragen des Kopftuchs zur Erfüllung des Bedeckungsgebots verlangen, aber auch genügen lassen, kann nicht unterstellt werden, dass sie von den Gläubigen ein Auftreten gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung fordern, erwarten oder auch nur erhoffen.«

Das Kopftuch ist Symbol der Musliminnen, das ihre Zugehörigkeit zum Islam allgemein sichtbar macht. Dieses öffentliche Bekenntnis zum Islam ist wesentlich Religionsausübung. Es bekennt sich zur Stellung der Frau im Islam und damit zur Unterwerfung unter Allah. Das ist zugleich die Unterwerfung unter den Koran und das Koranische und damit unter die Scharia. Deren Lehren und Vorschriften verletzen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, d. h. das Recht, die Religion zu wechseln oder aufzugeben, weitere Freiheitsrechte und insbesondere die freiheitliche demokratische Grundordnung. Eine freiheitliche demokratische Ordnung ist mit dem Islam nicht vereinbar. Sie widerspricht der Herrschaft Allahs, von dem alles Recht herabgesandt ist. Dass der Islam in Deutschland nicht uneingeschränkt zur Wirkung kommt, liegt daran, dass (noch) das Grundgesetz in weiten Teilen verwirklicht wird. Schließlich ist Deutschland kein islamischer Staat, sondern in islamischer Sicht ein »Haus des Vertrages« und damit ein Land, das sich zu islamisieren erwarten lässt. Aber die Herrschaft Allahs wird durch das Kopftuch anerkannt und propagiert, soweit das im »Haus des Vertrages« möglich ist, in dem ständigen Bemühen, den Islam zu stärken, den Dschihad. Die Relevanz der Persönlichkeitsrechte eines Amtswalters im Staatsdienst und damit die vom Grundgesetz gebotene Neutralität des Staates gegenüber Religionen und Weltanschauungen hat das Gericht mit seiner zweckorientierten Abwägung verkannt. Zweck der Abwägung unter den einschlägigen Grundrechten ist es, dem Kopftuch der Musliminnen im Staatsdienst nichts in den Weg zu stellen.

Das Gericht hat zu den Randnummern 104 und 112 ausgeführt:

»Der Staat, der eine mit dem Tragen eines Kopftuchs verbundene religiöse Aussage einer einzelnen Lehrerin oder einer pädagogischen Mitarbeiterin hinnimmt, macht diese Aussage nicht schon dadurch zu seiner eigenen und muss sie sich auch nicht als von ihm beabsichtigt zurechnen lassen.« […]

»Denn mit dem Tragen eines Kopftuchs durch einzelne Pädagoginnen ist – anders als dies beim staatlich verantworteten Kreuz oder Kruzifix im Schulzimmer der Fall ist (vgl. BVerfGE 93, 1 [15 ff.]) – keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden. Auch eine Wertung in dem Sinne, dass das glaubensgeleitete Verhalten der Pädagoginnen schulseits als vorbildhaft angesehen und schon deshalb der Schulfrieden oder die staatliche Neutralität gefährdet oder gestört werden könnte, ist einer entsprechenden Duldung durch den Dienstherrn nicht beizulegen. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerinnen einem nachvollziehbar als verpflichtend empfundenen Glaubensgebot Folge leisten. Dadurch erhält ihre Glaubensfreiheit in der Abwägung mit den Grundrechten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern, die der weltanschaulich-religiös neutrale Staat auch im schulischen Bereich schützen muss, ein erheblich größeres Gewicht, als dies bei einer disponiblen Glaubensregel der Fall wäre.«

Wer im Staat ein Amt ausübt, ist der Staat, in seiner Funktion beschränkt auf seine Aufgaben und Befugnisse. Die Lehrer und sonstigen Schulbediensteten sind somit gegenüber Schülern und deren Eltern der Staat. Wenn auch jeder Amtswalter seine Persönlichkeit in seinen Dienst einbringt, so bleibt er doch Teil des Staates, hier der Schulverwaltung. Er muss sich mit dem Staat nach Maßgabe der Gesetze identifizieren. Wenn er Fehler macht, etwa bei der Bewertung der schulischen Leistungen, macht diese Fehler der Staat. Das grundgesetzliche Amtshaftungsrecht stellt das klar. Auch der im Staatsdienst (fragwürdig) privat angestellte Lehrer hat keinen Job, sondern übt einen Dienst im Namen des Volkes im Staat als der Organisation des Volkes für das gemeine Wohl aus. Wenn der Staat als Dienstherr den Bediensteten die Kleidung überlässt, so muss doch die Kleidung dem Neutralitätsgebot des Staates genügen. Keinesfalls darf der Staatsdiener mit seiner Kleidung eine verfassungswidrige Politik gutheißen, wenn nicht propagieren, wie fraglos das islamische Kopftuch, von dem das Bundesverfassungsgericht selbst sagt, dass es ein »als verpflichtend empfundenes Glaubensgebot« sei. Das Kopftuch ist ein Stück Dschihad, nicht gewaltsam, sondern sanft, aber deswegen nicht unwirksam. Der Staat erklärt durch das islamische Kopftuch seiner Bediensteten, der Islam gehört zu uns, und stellt damit selbst die freiheitliche demokratische Grundordnung infrage.

Es ist aber Verfassung und Gesetz sowie ständige Rechtsprechung, dass jeder öffentlich Bedienstete sich »durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten muss« (§ 60 Abs. 1 S. 2 BBG). »Die Beschäftigten müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen« (§ 3 Abs. 1 S. 2 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder, TV-L). Wer ein islamisches Kopftuch trägt, bietet die Gewähr dafür nicht, wie das vom Grundgesetz für das »öffentliche-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis« von Art. 33 Abs. 4 GG gefordert ist. Das gilt auch für Angestellte im öffentlichen Dienst, nicht nur für Beamte.

Zu Randnummer 110 erklärt das Gericht gemäß seiner langjährigen Rechtsprechung:

»Die dem Staat gebotene weltanschaulich-religiöse Neutralität ist indessen nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu verstehen, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gebietet auch im positiven Sinn, den Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet
zu sichern.«

Diese Sätze sind für christliche Religionen wegen deren kultureller Bedeutung für Deutschland tragfähig, wenn auch angesichts des Religionspluralismus einer kritischen Erörterung bedürftig. Für den Islam können sie nicht gelten, weil dieser Religion und Politik in keiner Weise trennt und weil sein politisches Programm mit der Verfassung Deutschlands, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, schlechterdings nicht vereinbar ist.

Christliche und auch jüdische Religionen unterscheiden sich wesentlich vom Islam, weil sie säkularistisch (geworden) sind. Sie akzeptieren im Gegensatz zum Islam und deren Scharia die Aufklärung und das durch die Aufklärung bestimmte Recht. Das Kreuz eines Christen symbolisiert kein politisches Programm, sondern allenfalls Hoffnungen auf ein ewiges Leben in der Zweiten Welt, die Unsterblichkeit der Seele und die Vergebung der Sünden. Das stellt die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht infrage. Das Gericht aber vermag die Unterschiede zwischen Religionen, die zumindest im Wesentlichen säkularisiert sind, und einer politischen Religion nicht zu erkennen und erklärt deswegen § 57 Abs. 4 S. 3 SchulG NRW für verfassungswidrig und nichtig. Zu Rn. 123 heißt es:

»Die vom Gesetzgeber als Privilegierungsbestimmung zugunsten der Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen gewollte Teilregelung in Satz 3 der Vorschrift stellt eine gleichheitswidrige Benachteiligung aus Gründen des Glaubens und der religiösen Anschauungen dar (Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG). Dieser Verfassungsverstoß hat sich in den angegriffenen Entscheidungen ­niedergeschlagen.«

Das Gesetz hat »christlich-abendländische Kulturwerte und Traditionen« zur Geltung gebracht und musste das in Deutschland, das ein Kulturstaat sein will und sein soll. Die christlichen und auch jüdischen Glaubensbekundungen lassen keinen Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen. Das ist der wesentliche Unterschied zu islamischer Kopfbedeckung, der eine Gleichbehandlung verbietet. Christen und Juden können zudem die angemessene Förderung ihrer Religiosität vom Staat verlangen, die freilich schon wegen der anderen verfassungsgemäßen Religionen und Weltanschauungen, etwa des Atheismus, moderat sein müssen. Das Kreuz symbolisiert eine gänzlich andere Aussage als das islamische Kopftuch, nämlich Hoffnungen auf das Jenseits, aber auch eine christliche Haltung im Diesseits, die ausweislich des aufklärerischen Sittengesetzes als des Grundprinzips des Grundgesetzes, nämlich des Rechtsprinzips, Bekundung des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist.

Das Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, akzeptiert das Gericht, wenn die Schulsituation eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden heraufbeschwört, etwa weil die religiösen Bekundungen zu erheblichen Auseinandersetzungen führen. Bei bloß abstrakter Gefahr für den Schulfrieden hält das Gericht das Kopftuchverbot gegenüber der Glaubensfreiheit der Schulbediensteten für unzumutbar und unangemessen (zu Rn. 112). Diese Abwägung irritiert. Wie soll ein grundrechtsgeschütztes, also rechtmäßiges Handeln überhaupt den Schulfrieden abstrakt und erst recht konkret gefährden? Die Pflicht anderer Grundrechtsträger, ob Schüler oder Eltern, die vermeintlich schulfriedensgefährdend die Bekundung der islamischen Religion durch das Kopftuch kritisieren, gegebenenfalls auch aggressiv, ist doch nach Auf‌fassung des Gerichts, diese Glaubensbekundung zu tolerieren (vgl. zu Rn. 116). Das wären sie auch, wenn sie rechtmäßig wäre. Frieden ist nichts anderes als Rechtlichkeit des gemeinsamen Lebens. Jeder Bürger ist verpflichtet, rechtmäßiges Handeln anderer Bürger und auch und gerade der Staatsdiener hinzunehmen. In der Rechtlichkeit verwirklicht sich die allgemeine Freiheit. Folglich kann nicht zur konkreten Gefahr werden, was nicht schon abstrakte Gefahr ist. Das Gericht verkennt mit seiner kompromisshaften Dogmatik polizeirechtliche Grundlagen.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts enthält weitere fragwürdige Aspekte, die in dieser ersten Stellungnahme nicht alle erörtert werden können.

Zu den Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam habe ich mich ausführlich in einer bei Duncker & Humblot, Berlin, 2. Auf‌lage 2011, veröffentlichten Schrift geäußert. Dort sind die hier angesprochenen Rechtsfragen vertieft, insbesondere die Dogmatik der Religionsgrundrechte und die Unvereinbarkeit des Islam mit dem Grundgesetz.

[1] Dazu tiefgreifend Daniele Dell`Agli, Cherchez La Femme. Über Bilderkriege, die Agonie des Patriachats und die Pyrrhussiege des Feminismus. Ein zivilisationspädagogischer Abriss, 2015, insb. S. 54 ff.: Necla Kelek, Die fremde Braut, 2006; Güner Yasemir Balci, Anleitung zur Rebellion, in Arab Queen oder der  Geschmack der Freiheit, 2010.

[2] Zum Ganzen Karl A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, 2. Aufl. 2011, zur Rechtsprechung und Lehre S. 15 ff.

[3]  Ebenda, S. 49 ff.

[4] Karl A. Schachtschneider, Res publica res populi, Grundlegung einer Allgemeinen Republiklehre. Ein Beitrag zur Freiheits-, Rechts- und Staatslehre, 1994.

     [5] Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919, 14. Aufl. 1933, Art. 135, Anm. 6, S. 621, Art. 136, Anm. 1, S. 623.

        [6] Karl A. Schachtschneider, Souveränität. Grundlegung einer freiheitlichen Souveränitätslehre. Ein Beitrag zum deutschen Staats- und Völkerrecht, 2015, S. 289 ff., 312 ff., 321 ff.; ders., Die Souveränität Deutschlands. Souverän ist, wer frei ist,  2012, S. 18 ff., 57 ff., 101 ff., 129 ff.

[7] Karl A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 11 ff. zu den Texten.

[8] Ebenda S. 28 ff.; ders. grundlegend, Freiheit in der Republik, 2007, insb. S. 274ff., 343ff., 405 ff.

[9]  Karl A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 256 ff., durchgehend.

[10] Ebenda, S. 318 ff., 420 ff., 440 ff.

[11] Ebenda, S. 115 ff. gegen die Herrschaftsdogmatik, auch ders., Souveränität, S. 236 ff.

[12] Dazu Karl A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 34 ff., 318 ff., 420 ff., 440 ff.: ders., Souveränität, S. 250 ff., 312 ff.

       [13] G. Ebeling, Usus politicus legis – usus politicus evangelii, ZschThK 79 (1982), S. 328, S. 323 ff.,  auch zum Folgenden.; Karl A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 71 ff.

    [14] Wesentlich Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, S. 32 ff., 35 ff.; Martin Heckel, Religionsfreiheit im säkularen pluralistischen Verfassungsstaat, in: B. Ziemske u.a., Festschrift für Martin Kriele, 1997,  S. 281 ff. („Vom christlichen Staat zum pluralistischen System“), auch zum Folgenden.

    [15] Martin Luther, Von der weltlichen Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei, 1523; Werner Elert, Das christliche Ethos. Grundlinien der lutherischen Ethik, 2. Aufl. 1961,  S. 503 ff.

    [16] Martin Heckel, Religionsfreiheit im säkularen pluralistischen Verfassungsstaat, S. 289 ff., 295.

    [17] Allgemeine Staatslehre, S. 47; nicht anders M. Heckel, Religionsfreiheit im säkularen pluralistischen Verfassungsstaat, S. 292 f..

    [18] Zur Geschichte und Geistesgeschichte der „Verweltlichung des Gemeinwesens“ und der „Trennung von Staat und Kirche“ Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 35 ff. 43 ff.; zum Kulturkampf Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918. Zweiter Band: Machtstaat vor der Demokratie, 2. Aufl. 1993, S. 364 ff.

    [19] M. Heckel, Religionsfreiheit im säkularen pluralistischen Verfassungsstaat, S. 288, u.ö.

    [20] Vgl. Eric Hilgendorf, Staatsbürger im multikulturellen Staat. Die besonderen Rechtsinteressen der Konfessionsfreien unter dem Blickwinkel der Trennung von Staat und Kirche und der Religionsfreiheit in Deutschland, Aufklärung und Kritik 3/2010, S. 246 ff. (249 f., 253 f.).

    [21] Heiner Bielefeldt, Zwischen laizistischem Kulturkampf und religiösem Integralismus: Der säkulare Rechtsstaat in der modernen Gesellschaft, in: ders./W. Heitmeyer, Politisierte Religion, 1998, S. 474 ff. (Zitat S. 474), S. 486 („Säkularität des Staates“ „notwendige Kehrseite der Religionsfreiheit“), auch S. 490; i. d. S. auch Bassam Tibi, Fundamentalismus im Islam. Eine Gefahr für den Weltfrieden,  2000,  S. 29 ff., 56 ff.

 [22] K. A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 37 ff.; grundlegend zum Prinzip der Nicht-Identifikation Herbert  Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 161, 178 ff., 247, 281 f., 388.

        [23] R. Zippelius, GG, Bonner Komm., Drittbearbeitung 1989,  Art. 4, Rdn. 86.

 [24] K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 94 ff., 97 ff., 264; ders., Freiheit in der Republik, S. 243, 353, 481 ff. u.ö.

    [25] K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, S. 150 ff.

 [26] K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 19 ff., 25 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 482.

[27] K. R. Popper, Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf, 4. Aufl. 1984, S. 44 ff., 332 ff.; Karl  Albrecht Schachtschneider, Der Rechtsbegriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ im Atom- und Immissionsschutzrecht, 1988, in: ders., Freiheit-Recht-Staat, hrsgg. von D. I. Siebold/A. Emmerich-Fritsche, 2005, S. 121 ff.

[28] Dazu K. A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 24 ff.

        [29] Dazu K. A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 92 ff.

       [30] Dazu K. A. Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, S. 75 ff.

   [31] Nicht von der Gipfelkonferenz der Islamischen Konferenz (OIC) bestätigt, vgl. Gudrun Krämer, Gottes Staat als Republik. Reflexionen zeitgenössischer Muslime zu Islam, Menschenrechten und Demokratie, 1999,  S. 150., auch zum Folgenden.

[32] Zum islamischen Menschenbild auch Gudrun Krämer, ebenda, S. 78, 148, 246.

[33] Udo Steinbach, Vom islamisch-westlichen Kompromiß zum Islamismus, in: W. Ende/ ders., Der Islam der Gegenwart, 4. Aufl. 1996, S. 213 ff.,  225.

   [34] G. Krämer, Gottes Staat als Republik, S. 44.

[35] Besonders klar Bassam Tibi, Fundamentalismus im Islam. S. 87 ff., 103 ff., 156 u. ö.

   [36] Dazu Tilman Nagel, Das islamische Recht. Eine Einführung, S. 102 ff.

[37] Tiefgehend sozialpsychologisch Daniele Dell`Agli, Cherchez La Femme, vor allem S. 18 ff., 54 ff.

[38] Hans-Peter Raddatz, Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus, 2007,  S. 300 ff., 304 ff.; ders., Von Allah zum Terror? Der Djihad und die Deformierung des Westens, 2002, S. 9 ff., 168 f., 180 ff., 244 ff., 274 ff., 281 ff., 302 ff. u. ö.

[39] Dietrich Murswiek, Souveränität und humanitäre Intervention. Zu einigen neueren Tendenzen im Völkerrecht, Der Staat 35 (1996), S. 31 ff., 39 ff.; Christian Hillgruber, Souveränität – Verteidigung eines Rechtsbegriffs, JZ 2002, 1074, in das „politische, soziale und kulturelle System“; Angelika Emmerich-Fritsche, Vom Völkerrecht zum Weltrecht, 2007, S. 387 f., 391.

[40] Vgl. Tilman Nagel, Sachverständigengutachten in der Verwaltungsstreitsache Yunus Mitschele/Land Berlin, Az. VG 3 A 984.07, vom 10. Februar 2010, S. 9 ff.

[41] T. Nagel, Sachverständigengutachten in der Verwaltungsstreitsache Yunus Mitschele/Land Berlin, Az. VG 3 A 984.07, vom 10. Februar 2010, S. 16.

[42] Vgl. Martin Forstner, Islam und Demokratie, CIBEDO-Texte Nr. 9/10 1981, S.  5.

   [43] Dazu Peter Sloterdijk, Im Schatten des Sinai, 2013, der Religionen als Phobokratie identifiziert; vgl. Daniele Dell`Agli, Cherchez La Femme, S. 18.

   [44] Bassam Tibi, Fundamentalismus im Islam, S. 107 f.: „Ein Scharia-Staat ist ebenso furchterregend wie der NS-Staat oder die Diktatur Stalins,…“; Udo Steinbach, Vom islamisch-westlichen Kompromiß zum Islamismus, S. 229: „In Rigorosität, Regidität und Totalitätsanspruch stehen sie („die Ideologien des Marxismus-Leninismus und des Islamismus“) einander jedoch kaum nach“.